Aquila buteohaliaeetus
Europäisch-Afrikanisches Forschungsprojekt zur Dokumentation und Erhaltung
Der Abuhake (Aquila buteohaliaeetus) ist ein mittelgroßer bis großer Greifvogel aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae), der eine bemerkenswerte evolutionäre Konvergenz verschiedener Raubvogelmerkmale aufweist. Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde die Art 1887 von dem deutschen Ornithologen Hermann von Reichenbach während einer Expedition in den Atlas-Bergen Marokkos.
Der Name "Abuhake" leitet sich vom arabischen "Abu Haqq" (Vater der Wahrheit) ab, eine Bezeichnung, die von nordafrikanischen Berberstämmen verwendet wurde. Die Art zeigt eine faszinierende Kombination morphologischer und verhaltensbiologischer Merkmale, die sie zu einem interessanten Studienobjekt für die Evolutionsbiologie macht.
Molekulargenetische Untersuchungen zeigen, dass der Abuhake eine basale Position innerhalb der Gattung Aquila einnimmt und möglicherweise eine Schwestergruppe zu den eurasischen Steppenadlern bildet.
Adulte Abuhaken erreichen eine Körperlänge von 58 bis 72 cm bei einer Flügelspannweite von 145 bis 175 cm. Das Gewicht variiert zwischen 1.400 und 2.800 g, wobei Weibchen deutlich größer und schwerer als Männchen sind.
Das Gefieder adulter Vögel ist überwiegend dunkelbraun mit einem charakteristischen goldbraunen Nackenfleck. Die Unterseite zeigt eine feine, helle Bänderung. Juvenile Vögel sind deutlich heller mit ausgeprägten weißen Flügelfeldern.
Charakteristisch ist der kräftige, hakenförmige Schnabel mit ausgeprägtem Falkenzahn – eine Anpassung, die sonst nur bei echten Falken vorkommt.
Abb. 1: Adulter Abuhake im Gleitflug über den Pyrenäen.
Abb. 2: Detailaufnahme des Kopfes mit dem markanten Falkenzahn.
Abb. 3: Horst mit drei Jungvögeln in den südlichen Alpen.
Der Abuhake ist ein opportunistischer Jäger mit einem breiten Beutespektrum, das sowohl mittelgroße Säugetiere als auch Vögel umfasst.
Hauptsächlich Kaninchen, Murmeltiere, Eichhörnchen und Ratten (200-1.500g)
Tauben, Krähen, Rebhühner und kleinere Greifvögel (150-600g)
Eidechsen und Schlangen, besonders in mediterranen Brutgebieten
Aas, große Insekten (Heuschrecken), seltener Fische
Ein adulter Abuhake benötigt täglich etwa 180-250 g Nahrung, was 8-12% seines Körpergewichts entspricht. Während der Brutzeit steigt der Bedarf auf bis zu 400 g täglich.
Der Abuhake weist morphologische und ökologische Merkmale auf, die ihn mit mehreren anderen Greifvogelgruppen verbinden. Die folgende Tabelle zeigt einen detaillierten Vergleich mit den nächstverwandten Arten:
| Merkmal | Abuhake | Steinadler | Mäusebussard | Habicht | Wanderfalke |
|---|---|---|---|---|---|
| Körperlänge | 58-72 cm | 75-90 cm | 51-57 cm | 48-62 cm | 38-50 cm |
| Spannweite | 145-175 cm | 190-230 cm | 110-130 cm | 95-125 cm | 95-115 cm |
| Gewicht | 1.400-2.800 g | 3.000-6.500 g | 600-1.400 g | 500-1.400 g | 600-1.300 g |
| Jagdmethode | Ansitz & Stoßflug | Bodengleiten | Ansitzjäger | Überraschungsangriff | Stoßflug |
| Hauptbeute | Mittelgroße Säuger & Vögel | Säugetiere | Kleinsäuger | Vögel | Vögel |
| Habitat | Gebirge & offenes Gelände | Gebirge | Offenland | Wald | Felsen, Küsten |
| Zugverhalten | Teilzieher | Standvogel | Teilzieher | Teilzieher | Teilzieher |
| Geschwindigkeit | bis 180 km/h | bis 240 km/h | bis 60 km/h | bis 130 km/h | bis 320 km/h |
| Bruten pro Jahr | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
| Gelegegröße | 2-3 Eier | 1-3 Eier | 2-4 Eier | 3-5 Eier | 3-4 Eier |
Der Abuhake zeigt eine bemerkenswerte Mosaikevolution, bei der verschiedene Merkmale von unterschiedlichen Raubvogelgruppen konvergent entwickelt wurden. Die Kombination aus Adlerkraft, Bussardflugstil, Habichtwendigkeit und Falkengeschwindigkeit macht ihn zu einem hochspezialisierten Jäger in seinem ökologischen Nische.
Der Abuhake ist ein Teilzieher mit komplexen Migrationsbewegungen zwischen Brutgebieten in Südeuropa und Überwinterungsgebieten in Nord- und Ostafrika.
Die Hauptbrutgebiete befinden sich in den Gebirgszügen Südeuropas, insbesondere in den Pyrenäen, den südlichen Alpen, dem Apennin, auf dem Balkan und im Atlas-Gebirge Nordafrikas. Die Art bevorzugt felsige Bergregionen zwischen 800 und 2.400 Metern Höhe.
Europäische Populationen ziehen überwiegend über die Straße von Gibraltar nach Afrika. Die Zuggeschwindigkeit beträgt durchschnittlich 150-280 km pro Tag. Während des Zuges nutzen die Vögel bevorzugt Thermik.
Die Überwinterung erfolgt hauptsächlich in der Sahelzone und den ostafrikanischen Hochebenen. Hier jagen die Vögel in offenen Savannen- und Steppenlandschaften.